von Dr. Eva Köppen (Design Thinking Strategin)
geschrieben am 04.06.2017
Häufig heißt es, dass Design Thinking eine Erfindung der letzten zwei Dekaden sei – erfunden von Hasso Plattner oder IDEO. Dabei gibt es jahrhundertealte Design-Diskurse. Sie sich einmal näher anzuschauen kann dabei helfen, Design Thinking als Buzzword zu hinterfragen und zu verorten.
Leonardo da Vinci und die mittelalterliche Bauhütte
In der Geschichte der Gestaltung gibt es viele Beispiele für vormodernes Design (siehe die einschlägige Dissertation von Lindberg, 2013): Der Renaissance-Universalgelehrte Leonardo Da Vinci war der Gründer der ersten Akademie für „disegno“. Für ihn war „disegno“ ein Universalkonzept, das Kunst, Technologie, Naturkunde und Handwerk miteinander verbindet – so wie im Design Thinking multidisziplinäre Teams zusammenkommen um gemeinsam an einer Herausforderung zu arbeiten.
Interessant ist auch das Konzept der mittelalterlichen Bauhütte, in der alle Künste (Malerei, Architektur, Handwerk, Bildhauerei, etc.) unter einem Dach versammelt waren. Die mittelalterliche Bauhütte wurde lange Zeit später von der Gründergeneration des Weimarer Bauhaus unter Walter Gropius als Vorbild für die Designausbildung gewählt. Eine Bauhütte konnte verschiedene Funktionen haben: als geschützter Arbeitsraum für die Bauhandwerker, Lager für Material, verschließbar für Werkzeug und Baugeräte. Die wichtigste Hütte war jedoch der Sitz des Baumeisters, dort erteilte er seine Anweisungen oder beriet sich mit seinen Handwerksgesellen und Gehilfen. Diese geschützten Bereiche finden wir heute in den Design spaces des Design Thinking wieder.
Arts & Craft und Weimarer Bauhaus
Als Quasi-Prototyp industriekritischer Design-Schulen hat sich die britische Arts&Craft Bewegung als Gegenbewegung zur industriellen Massenproduktion des 19. Jahrhunderts verstanden. Sie versuchte, mit handwerklicher Gebrauchskunst der ‚kalten’ Industrieproduktion entgegenzuwirken. Die Betonung der Verbindung zwischen dem „maker“ und dem Konsumenten spiegelt sich im heutigen Design Thinking in dem Konzept der Nutzerzentrierung wider.
Und schließlich das Weimarer Bauhaus und Walter Gropius: Hier wurde Design als Kollaborationsmodell konzipiert, das zwischen Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft fungiert und zur Entwicklung passender Produkte beiträgt, die dem Menschen und der Gesellschaft dienen.
Gestaltung - eine alte Tradition
Design-Diskurse führen uns also zurück bis zur Renaissance. Bis heute eint die Tradition des Gestaltens einige Grundgedanken. Diese drei gehören wohl mit zu den wichtigsten:
- Gemeinsames Gestalten im multidisziplinären Team
- Empathie für die Nutzer und Anwender von Produkten, Services und Konzepten entwickeln
- Kostengünstig durch frühes Prototyping zu scheitern.